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Die besten Dialoge aber? An den Filmtagen selber gabs die dann trotzdem nicht in den Spielfilmen zu hören, sondern in«Schwarzarbeit», dem neuen Dokumentarfilm von Ulrich Grossenbacher. Elf Jahre nach «Messies» blickt der Berner Regisseur einmal mehr in jene Winkel, wo nicht alles so blitzsauber läuft in der Schweiz. Im Zentrum diesmal: Frédy Geiser und seine Kolleg:innen von der Arbeitsmarktkontrolle des Kantons Bern. Hunderte von Stunden ist Grossenbacher auf dem Rücksitz mitgefahren, hat sie mit der Kamera bei ihren unangemeldeten Kontrollen quer durch die begleitet: im Gastgewerbe, auf Baustellen oder in der privaten Care-Arbeit. Überall dort, wo potenziell schwarzgearbeitet wird – oft von Menschen, die gar nicht arbeiten dürften und dadurch erst recht jeglicher Aus- beutung ausgeliefert sind.
Acht Tage pro Woche
Ungeheuerlich, was die Kontrolleur:innen an Verstössen gegen das Arbeitsrecht antreffen. Gleich zu Beginn etwa, als Geiser eine neue Kollegin einführt und die beiden bei einem ungelernten Verkäufer landen, der als Angestellter allein einen Shop führt. Monatsgehalt? 550 Franken Basislohn, der Rest je nach Geschäftsgang. Freizeit? Ja, wenn gerade keine Kunden im Laden seien. Arbeitstage? Sieben. Und wenn die Woche acht Tage hätte, fügt der Mann hinzu, müsste er wohl acht Tage arbeiten.
Die Leute von der Arbeitsmarktkontrolle stehen da zwischen den Fronten. Sie sind nicht die Polizei und müssen doch Leute überführen. Aber kriminell sind ja eben nicht die schlecht bezahlten, teilweise schwarzarbeitenden Menschen, deren Personalien sie aufnehmen, sondern die Hinterleute. Dabei wird der Kontrolleur Zeuge persönlicher Dramen, die er durch sein Auftreten unweigerlich verschärft – was manchmal dazu führt, dass eine sowieso schon prekäre Existenz zusammenbricht.
Mitgefühl wie ein Zwieback
Trotzdem verrichten manche den Job ganz ungerührt, wie der Expolizist, der etwa so empathisch ist wie ein Zwieback (sagt er selber). Das menschliche Gravitationszentrum in diesem Film aber ist der Jurassier Frédy Geiser: eine Erscheinung wie ein Schwinger im Ruhestand, ein sanfter Riese, der sich ein untrügliches soziales Bewusstsein bewahrt hat. Überhaupt sind die Figuren, die Grossenbacher versammelt, ein Geschenk für diesen Film und die Dialoge so träf, wie man sie kaum je schreiben könnte. Bei der Premiere im vollen Landhaus wurde denn auch viel gelacht unter den Schutzmasken – das nicht immer behagliche Lachen von uns Privilegierten angesichts des eigentlich Unhaltbaren.
Ob der Regisseur seinem Personal letztlich doch nicht ganz zugetraut hat, diesen Film allein zu tragen? Die Auftritte von Corrado Pardini zwischen «Arena» und Albisgüetli wären jedenfalls nicht nötig gewesen. Die Idee leuchtet ein: Pardini, damals noch als Gewerkschaftsführer, stellt in seinen Reden die Problematik der Schwarzarbeit in einen grösseren Zusammenhang von Migrationspolitik und Rahmenabkommen. Dabei gehört es gerade zu den Stärken des Films, dass sich solche Zusammenhänge schon aus den Figuren erschliessen – etwa, wenn Frédy Geiser im Auto über die Scheinheiligkeit des Bauernverbands und seiner Agrargenossenschaft Fenaco sinniert.
So präzise und so lakonisch hat schon länger kein Film mehr das soziale Selbstverständnis der Schweiz auf die Probe gestellt.
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