Das beabsichtigte Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU ist Geschichte. Zumindest vorläufig. Nicht Geschichte sind dagegen Dumpinglöhne, Tarifunterwanderung und
Schwarzarbeit. Bei einer Annahme des vorgesehenen Rahmenabkommens wären diese schon heute weit verbreiteten Praktiken zur Regel und zu unvermeidlichen Begleiterscheinungen eines grenzenlos
liberalisierten Arbeitsmarktes geworden. Davon handelt „Schwarzarbeit“, der neue Dokumentarfilm von Ulrich Grossenbacher („Messies – Ein schönes Chaos“).
Zu den vornehmsten Aufgaben eines Regisseurs von Dokumentarfilmen gehört es, sich an Orte und zu Menschen zu begeben, die man für gewöhnlich nicht sieht und von
denen nichts oder kaum etwas bekannt ist. Ulrich Grossenbacher ist hingegangen, hat sich mit seiner Kamera in die Autos von – stets zu zweit agierenden – Arbeitsmarktkontrolleuren in der Region
Bern gesetzt, hat ihnen auf den Fahrten zu ihren oftmals abgelegenen Einsatzorten zugehört. Und er ist präsent, wenn sie in Restaurantküchen, Baustellen, Lebensmittelläden, Hotels,
Privathaushalten oder sonstigen Orten, wo man es mit gesetzlichen Arbeitsbestimmungen oft nicht so genau nimmt, unerwartet auftauchen. Dabei entstehen bisweilen krimireife Situationen in einem
anwaltschaftlichen und dennoch differenzierten politischen Roadmovie, das punktgenau, unerbittlich und in eminent filmischer Weise die dunklen Seiten unserer Wohlstandsgesellschaft ausleuchtet.
„Ich bin nicht auf der Welt, um mich bei allen beliebt zu machen“, sagt einmal einer der Arbeitsmarktkontrolleure während einer Autofahrt zu seinem Compagnon – und von einer ähnlichen Haltung
getragen, ist auch „Schwarzarbeit“. Es ist ein Film, der sich nicht scheut, dort hinzuschauen, wo es wehtut.
- Geri Krebs